Way Out West in Göteborg: Hier bebt Bullerbü
Zum siebzehnten Mal fand in Göteborg das Way Out West statt. Unsere Autorin Louisa Zimmer war vor Ort.
Der Slottsskogen Park im Zentrum Göteborgs ist ein urbanes Bullerbü: Historische Schwedenhäuser, weitläufige Grünflächen, dichte Waldstücke, kleine Teiche und sogar Elche gibt es hier. An einem Wochenende im Jahr wird er zur Bühne des größten schwedischen Festivals: Way Out West. Für die Schweden ist es ein besonderes Ereignis, denn internationale Künstler treten in Göteborg seltener auf als in der Hauptstadt Stockholm. Außerdem gehört Nachhaltigkeit fest zum Festivalkonzept: Seit Jahren gibt es ausschließlich vegetarisches Essen.
Am Donnerstagnachmittag eröffnet die britische Songwriterin Nilüfer Yanya das Festival mit einem ruhigen Set, bevor die Stimmung kippt. Im Zelt spielt die wohl umstrittenste Band der Stunde: das nordirische Trio Kneecap. Ihr Auftritt pendelt zwischen Palästina-Solidarität und Provokation, tanzbarem Elektro-Rap und aggressiven Beats. Die Menge bebt im Moshpit, Palästina-Flaggen wehen, Kinder sitzen auf den Schultern ihrer Eltern. Schweden ist für seine besondere Meinungsfreiheit bekannt, doch auch hier wurde der Auftritt medial breit thematisiert. Im Anschluss widmen Fontaines D.C. den befreundeten Kneecap ihren Song „Favourite“, während Beth Gibbons mit einem zarten, von Streichern begleiteten „Glory Box“ einen sinnlichen Gegenpol schafft.

Am Freitagabend warten Teenager mit dunkel geschminkten Augen auf Yung Lean und Bladee. 2013 spielte der damals 17-jährige Leandoer sein erstes Konzert in Göteborg, bevor er zum globalen Rap-Phänomen wurde. Nun steht er erstmals auf der Hauptbühne – im Soloteil mit einem Palästinensertuch um seinen Hals. Das Set wechselt zwischen gemeinsamen Raptracks, Bladees hochgepitchtem Hyperpop und Yung Leans melancholischem Songwriting.
Wenig später betritt Charli XCX die Hauptbühne – fast dreißig Minuten verspätet. Sie singt die Songs von BRAT in voller Länge, die Beats kommen aus der Konserve. Die Menge tanzt ausgelassen im Meer von Handykameras. Für den Remix von „360“ holt sie Yung Lean auf die Bühne.
Während Charli XCX auf Minimalismus setzt, spielt Chappell Roan am Samstagabend ein liebevoll gestaltetes Finale. Sie performt vor einer märchenartigen Kulisse, gekleidet wie eine Hexe, die in den schwedischen Wäldern leben könnte. Besonders überzeugt ihre ausschließlich weiblich besetzte Band, die den theatralischen Popsongs eine rockige Tiefe verleiht. In 90 Minuten beweist die amerikanische Sängerin, dass sie ein Star von Weltformat ist – und zwar einer, der nicht durch Perfektion, sondern durch Authentizität strahlt.

Drei Tage lang zeigt das Way Out West mit jungen Popstars bis hin zu Ikonen wie Iggy Pop und den Pet Shop Boys, wie entspannt und reibungslos ein Festival mit 78.000 Besuchern ablaufen kann.
Neben Lineup und Nachhaltigkeit ist das diverse Publikum die eigentliche Besonderheit: Familien mit Kindern, Teenager, ältere Besucher und Menschen mit Behinderung feiern friedlich miteinander. So entsteht eine einzigartige Atmosphäre, die Bullerbü-Idylle und Pop verbindet – und zugleich zum Nachdenken über das Weltgeschehen einlädt.


