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„The Summer I Turned Pretty“: Weniger Sommer, mehr Probleme?

Zwischen Herzschmerz und Karriereentscheidungen ist irgendwo auch noch Sommer. Was sich bisher zur neuen Staffel sagen lässt.

Gute Nachrichten für alle Teenies und Mitte-20-Jährigen, die nicht einsehen wollen, dass sie keine Teenies mehr sind: Die dritte Staffel von „The Summer I Turned Pretty“ ist gestartet. Ab dem 16. Juli erscheinen nun wöchentlich, bis in den September hinein, neue Folgen auf Amazon Prime. Das bedeutet ein Sommer voller Drama, Lebensfreude, Herzschmerz und fragwürdiger Entscheidungen. Mehr als zwei Jahre mussten die Fans – zu denen ich gehöre – auf neue Folgen der Erfolgsserie warten. Mit gleich zwei neuen Episoden zieht Schöpferin Jenny Han die Zuschauer:innen direkt zurück ins Liebesdreieck rund um Belly Conklin (Lola Tung) und die Brüder Conrad (Christopher Briney) und Jeremiah Fisher (Gavin Casalegno).

Sie werden so schnell erwachsen

„Drei Jahre später“ steht groß auf dem Bildschirm geschrieben, nachdem die Anfangsszene zeigt, wie Belly ihr Studierendenwohnheim bezieht. Dann verstreichen die drei Jahre, die wir nicht zu sehen bekommen. Mittlerweile ist sie 21 Jahre alt und immer noch mit Jeremiah zusammen – dem Bruder von Conrad, mit dem sie davor ebenfalls liiert war. Die ersten beiden Folgen der dritten Staffel fokussieren sich dabei insbesondere auf das College-Leben der Charaktere und die Beziehung zwischen Belly und Jeremiah. Diese landet irgendwo zwischen vertraut, aufgeladen und kriselnd – ohne zu viel vorwegzunehmen.

Die Probleme, mit denen sich Belly und Co. in dieser Staffel konfrontiert sehen, unterscheiden sich deutlich von denen der vorherigen Staffeln. Vor allem Karriereentscheidungen spielen immer wieder eine Rolle. Aber auch große Paarfragen stehen selbstverständlich im Raum. Nur scheinen die Konflikte eben alle etwas schwerwiegender zu sein. Belly, Conrad und Jeremiah sind erwachsener geworden – und so eben auch die Hindernisse, die das Erwachsensein mit sich bringt.

Team Conrad oder Team Jeremiah?

Die große Frage, die sich unter den Fans und beim Schauen von „The Summer I Turned Pretty“ immer wieder stellt, ist: Team Jeremiah oder Team Conrad? Welcher der beiden Brüder passt besser zu Belly? Mit wem soll sie am Ende der Serie glücklich in den Sonnenuntergang rennen? Folge 1 und 2 machen es einem jedenfalls wirklich schwer, irgendwie auf Jeremiahs Seite zu sein – und das nicht nur, wenn man ohnehin schon für Team Conrad spielt.

Während Belly und Jeremiah noch gemeinsam an der Finch University studieren, geht Conrad seinem Medizinstudium an der Stanford University nach. Und bereits dort wird deutlich: Die Brüder könnten unterschiedlicher nicht sein. Die Serienmacher:innen scheinen sich allergrößte Mühe zu geben, den Zuschauer:innen das ständig bewusst zu machen. Jeremiahs Charakter wirkt häufig selbstbemitleidend, kindisch, unzuverlässig – alles das, was Conrad nicht sein soll. Dieser scheint reifer, ruhiger und in sich zufriedener zu sein. Geht zur Therapie, um an sich zu arbeiten. Die Ambivalenz scheint fast noch deutlicher als in den ersten beiden Staffeln. Fast so, als würde Jenny Han wollen, dass alle Conrad anfeuern. Immer wieder werden die Brüder einander gegenübergestellt – oft in Vergleichen, die sie auch noch selbst über sich anstellen.

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Ein Überschlagen der Ereignisse

In den bisher veröffentlichten zwei Folgen ist so viel passiert, dass man gar nicht genau weiß, wo man überhaupt ansetzen soll. Dabei ist es nicht einmal zwingend zu „fast-paced“. Als aufmerksame:r Zuschauer:in sollte man eigentlich nichts von dem verpassen, was auf dem Bildschirm passiert. Die parallel verlaufenden Handlungsstränge führen alle in einen großen Plot zusammen – Langeweile kommt dabei quasi nicht auf.

So reihen sich mehrere Momente aneinander, in denen einem gern auch mal die Kinnlade runterfallen kann. Unterbrochen von Szenen, in denen man Kribbeln im Bauch bekommt, weil sie entweder schön oder auch außergewöhnlich unangenehm anzusehen sind. Der Anfang der dritten Staffel enthält alles, was man sich von einer Coming-of-Age-Serie erträumt: Es ist dramatisch, kitschig, schnulzig, aufregend, niederschmetternd, traurig und romantisch. Man ist fast gewillt zu sagen: Es ist perfekt.

Chapeau an die Musik-Supervisor

Mit der musikalischen Untermalung haben die Macher:innen – wie schon in den vergangenen Staffeln – wieder ins Schwarze getroffen. Niemand kennt seine Zielgruppe so gut wie die Köpfe hinter „The Summer I Turned Pretty“. Schon in den ersten beiden Folgen werden sämtliche aktuell relevanten Pop-Girlies vereint. Läuft zunächst „HOT TO GO!“ von Chappell Roan, hört man danach „You’re Losing Me“ von Taylor Swift und „lacy“ von Olivia Rodrigo. Und auch Ariana Grandes Musik hat ihren Moment.

Für einige Szenen ist die Musikauswahl allerdings zu literal geraten. Manchmal fragt man sich schon, ob den Zuschauer:innen nicht zugetraut wird, eine Szene auch ohne direkt passende Songtexte zu verstehen. Und trotzdem: Man kann sich nicht wirklich darüber aufregen, weil es gleichzeitig eben perfekt für die Fans funktioniert. Nicht selten habe ich hektisch auf den Bildschirm gezeigt, weil ein Lied gespielt wurde, das ich nicht nur kenne, sondern auch liebe.

Wo ist die Leichtigkeit hin?

Die ersten Folgen von „The Summer I Turned Pretty“ haben zugegebenermaßen eher wenig mit Sommer zu tun. Zumindest, was die Leichtigkeit und Unbeschwertheit angeht, die man sich von einem Sommer erhofft. Während die Handlung in den vergangenen Staffeln schnell an den Cousins Beach verlagerte – den Ort, an dem Belly und Co. ihre Sommer verbringen – spielen die ersten beiden Episoden von Staffel 3 noch nicht an einem weißen Sandstrand mit gemütlichem Wellenrauschen.

Das schlägt sich auch in der allgemeinen Stimmung der Folgen nieder. Das typische Sommergefühl, das man von der Serie kennt, lässt vorerst noch auf sich warten. Die Probleme der Charaktere sind größer, das Drama schwerwiegender, und die Entscheidungen, die getroffen werden müssen, ziehen deutlich größere Konsequenzen nach sich. Die Charaktere sind erwachsen geworden. Trotz allem ist und bleibt „The Summer I Turned Pretty“ eine Vorzeige-Teenie-Serie. Und so machen die ersten beiden Episoden der dritten Staffel genau das, was sie machen sollen: unterhalten. Und wie sie das tun.