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The Cult: Ihre (kultigen) Alben im Ranking

Welche Platten der Band sind kultstatusstiftend, welche außerkultisch, welche kultfaktorbereit? Wir haben sie alle gehört!

Schon immer mehr Duo als Band (wie der Verschleiß etlicher Rhythmussektionen nahelegt), sind Sänger Ian Astbury und Gitarrist Billy Duffy die kreativen Köpfe der Brit-Rocker, die etliche musikalische und modische Mutationen durchlaufen haben. Mit einem stilistischen Spektrum, das von Gothic- über Hard- bis hin zum Alternative-Rock reicht, haben The (Southern Death) Cult im Laufe ihrer über 40-jährigen Karriere Trends überlebt und mitgestaltet – und dabei einen ureigenen Sound entwickelt, getragen von Astburys sonorem Bariton und Duffys kristalliner Gitarre.

KULTSTATUSSTIFTEND

LOVE (1985)

Inmitten der Postpunk-Welle veröffentlicht, wirkt The Cults zweites Album mit seiner kübelweise ausgeschütteten Hippie-Rock-Psychedelia auf den ersten Blick ziemlich anachronistisch. Doch LOVE ist genauso auch Zeitgeistkind und Vorreiter des kurz darauf von The Mission, Sisters Of Mercy oder Fields Of The Nephilim propagierten Gothic-Rock. Billy Duffy kredenzt zu Astburys Schamamen-Swag charakteristisch-charismatische Gitarrenmelodien („Nirvana“, „Love“, „Rain“, „Revolution“). Mit „She Sells Sanctuary“ gelingt der Band ein Über-Hit für die Ewigkeit. Keine andere Platte setzt ihre ­ Patschuli-Duftmarken geschmackvoller.

Sechs Sterne

ELECTRIC (1987)

Obwohl das dritte Album eine stilistische Kehrtwende markiert, ist es ein weiterer kommerzieller Erfolg. Der Plan, vom vorherrschenden Rock-Klima des bislang noch nicht geknackten US-Marktes zu profitieren, geht unter der Ägide von Produzent Rick Rubin (Beastie Boys, Slayer) auf. Rubin nutzt AC/DC (und Led Zeppelin) als klangliche Referenzpunkte. Billy Duffy gibt den Denim-Biker zu Ian Asburys Lederhose und Trappermütze. Mag der Hit „Love Removal Machine“ auch offensichtlich an „Start Me Up“ der Rolling Stones angelehnt sein, passen Whiskey- und Motor­ öl-geschmierte Songs wie „Wild Flower“ und „Lil’ Devil“ zum Imagewechsel wie die Faust aufs Auge.

Fünfeinhalb Sterne

SONIC TEMPLE (1989)

Billy Duffys breitbeinige, Pete Townshend zitierende Windmühlen-Pose steht sinnbildlich für ein Album, das die vollständig vollzogene Amerikanisierung der Band symbolisiert. Zumindest oberflächlich betrachtet. Mag die erste Kooperation mit Produzent Bob Rock auch auf einen kontemporäen, stadionfüllenden Hard-Rock-Sound schielen – The Cult sind dennoch nicht Def Leppard. Ian Astbury nährt nicht allein mit der Ode „Edie (Ciao Baby)“ an Warhol-Muse Edith Sedgwick seinen inneren Jim Morrison, während Hits wie „Sun King“, „Fire Woman“ oder „Sweet Soul Sister“ MTVs Rockprogramm aufmischen.

Sechs Sterne

KULTIVIERT

DREAMTIME (1984)

Mit Gothic, Postpunk und einer Portion Psychedelia jonglierend, sind auf The Cults Debütalbum bereits etliche Grundpfeiler gesetzt: Duffys perlender Gitarrenton, Astburys dramatisches Timbre und seine offensichtliche Affinität zur Spiritualität nordamerikanischer Ureinwohner. Zwar fehlen hier noch die ganz großen Song(ent)würfe, dennoch sind mit „Spiritwalker“ und „Go West“ bereits zwei spätere Cult-Klassiker an Bord, während eine an Ennio Morricone erinnernde Western-Spielerei wie das allzu passend betitelte „Gimmick“ bereits weiterreichende Breitwand-Ambitionen andeutet.

Fünf Sterne

UNDER THE MIDNIGHT SUN (2022)

Hatte die letzten Alben eher ein nordamerikanisches Rock-Gefühl bedient, besinnen sich The Cult auf ihrem elften Werk auf ihre britischen Ursprünge. Produzent Tom Dalgety (Ghost, Clutch) kreiert für die acht atmosphärischen und erneut spirituell angehauchten Songs einen stringenten Sound, der (bewusste?) Verzicht auf explizites Hit-Songwriting erhebt dieses frei fließende Werk zu einer sublimen Gesamtalbum-Erfahrung – aber auch zu ihrem vorerst letzten größeren Experiment.

Viereinhalb Sterne

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GEHEIMKULT

THE CULT (1994)

Das vorangegangene CEREMONY kann den Erfolg von SONIC TEMPLE nicht wiederholen, The Cult sehen sich mit dem vom Grunge initiierten Paradigmenwechsel konfrontiert. Dass sie weit besser damit umgehen können als eindimensionale Hair-Metal-Bands, liegt auf der Hand, wird vom Publikum aber weitgehend ignoriert. Auch wenn Bob Rock der Band einen kratzigen Alternative-Rock-Sound irgendwo zwischen Primal Scream und Pearl Jam verpasst und Stücke wie das hypnotische „Coming Down (Drug Tongue)“, das starke „Star“ oder „Naturally High“ die U2 von ACHTUNG BABY evozieren, bleibt das Album dennoch ein Geheimtipp.

Fünf Sterne

BEYOND GOOD AND EVIL (2001)

Das Comeback nach sieben Jahren Funkstille – auch für Bob Rock als Produzent. Was ihre siebente Scheibe in gewisser Weise zu einer Art Wiedergänger ihres heiligen Hard-Rock-Monolithen SONIC TEMPLE macht. Ein modernisierter Wiedergänger wohlgemerkt, denn die inzwischen vollzogenen Entwicklungen im Alternative-Rock machen sich im bissigen, kontemporäre Kante zeigenden Gitarrensound und deutlich aggressiveren Arrangements bemerkbar. Die Songs jedoch, darunter Brecher wie „Rise“, „American Gothic“ oder die Ballade „Nico“ als eine Art „Edie“-2.0, sind klassische Cult-Hymnen.

Fünf Sterne

CHOICE OF WEAPON (2012)

Ist am Anfang des Albums noch Chris Goss (Masters Of Reality, Kyuss, Queens Of The Stone Age) als federführender Produzent engagiert, bringt Band-Vertrauter Bob Rock die Sache schließlich zu Ende. Deutlich inspirierter und energetischer als auf BORN INTO THIS, erlebt Ian Astburys Faszination für die indigene Kultur Nordamerikas visuell wie inhaltlich ein Revival. Billy Duffys Gitarre ist wieder deutlich prominenter platziert, auf Songs wie „Amnesia“ oder „Lucifer“ schwingt sogar etwas vom Desert-Rock-Verve des gelehrigen Goss-Schülers Josh Homme mit.

Viereinhalb Sterne

HIDDEN CITY (2016)

Die logische Fortsetzung von CHOICE OF WEAPON: Erneut bemüht man Bob Rock für den guten Ton, allerdings zulasten der Band-eigenen Neuerfindungsfähigkeit. Der fast schon simplen melodischen Magie von „Dance The Night“ oder „Avalanche Of Light“ tut dies ebenso wenig Abbruch wie dem finalen Dreier aus „Lillies“, „Heathens“ und „Sound And Fury“, die David Bowies, Iggy Pops und Lou Reeds dauerhafte Einflüsse auf The Cult ins Bild rücken.

AUSSERKULTISCH

HOLY BARBARIANS CREAM (1996)

Ian Astburys erstes Nebenprojekt. CREAM klingt wie die noch eklektischere Fortsetzung des alternativ angehauchten THE-CULT-Albums, zitiert die Spätsechziger und Siebziger, während sich die Single „Space Junkie“ dem Brit-Pop verschreibt. Der Titelsong-Trip, das melodische „Blind“ und „Bodhisattva“, das gar ein wenig in Kula-Shaker-Sphären vorstößt, machen durchaus Spaß.

Viereinhalb Sterne

COLOURSØUND COLOURSØUND ø (1999)

Zusammen mit The-Alarm-Sänger Mike Peters gründet auch Billy Duffy ein Nebenprojekt, das gar nicht so weit weg ist vom klassischen Cult-Sound der LOVE-Ära, aber in der Gitarrenarbeit deutlich moderner daherkommt. Duffys markante Riffs und durchweg eingängige Songs („Under The Sun“, „State Of Independence“, „Heavy Rain“, „View From A Different Window“) orientieren sich kaum an der 80er-U2-Nähe von Peters’ Stammband. Das Duo klingt vielmehr exakt so, wie man sich eine Paralleluniversums-Version von The Cult mit einer anderen Stimme als der von Ian Astbury vorstellen würde. 2021 erscheint ein (leider deutlich schwächeres) zweites Album.

Fünf Sterne

KULTFAKTORBEFREIT

BORN INTO THIS (2007)

Mit Killing-Joke-Bassist und Produzent Youth am Pult legt die Band den Willen zum stilistischen oder klanglichen Experiment weitgehend ad acta. Anno 2007 verlassen sich The Cult lieber auf ein Amalgam aus LOVE und ELECTRIC, immerhin gepaart mit ein paar Neunziger-Vibes. Abgesehen von erinnerungswürdigen Stücken wie „Dirty Little Rockstar“ oder „Savages“ wirkt das wie The Cult mit angezogener Handbremse. Ian Astburys (vorübergehend) abhanden gekommenes Interesse am Album-Prinzip lässt sogar den – später allerdings wieder aufgegebenen – Plan reifen, fortan nur noch digitale EPs zu veröffentlichen.

Dreieinhalb Sterne