Wet Leg
MOISTURIZER
Domino/GoodToGo (VÖ: 11.7.)
Bitte gut eincremen: Die Postpunk-Retterinnen meistern das zweite Album mit Bravour.
Wie soll man weitermachen, wenn man im Debütalbum ein paar Monsterhits auf die Welt losgelassen hat? Nicht ohne Grund gilt das zweite Album als Herausforderung – entwickelt man sich weiter? Bleibt man bei dem Sound, der so gut funktioniert hat? Egal, welchen Weg man auch gehen will, beide bergen die Gefahr, von den Jublern zerrissen, oder noch schlimmer, ignoriert zu werden.
Und Wet Leg? Haben sich für einen Zwischenweg entschieden: Spuren der unglaublich eingängigen Hooks, die „Wet Dream“ und „Chaise Longue“ zu Hits gemacht haben, sind noch da. Aber insgesamt ist alles roher, rougher, ungeschliffener. Ein bisschen punkiger, wenn auch nicht immer vom Sound – da wäre etwa das verträumte Liebeslied „Davina McCall“ –, aber mindestens doch vom Vibe.
Am besten klingt das Quintett aber immer noch, wenn sie bestechend akkurat ihre Aggressionen rauslassen, so etwa auf „Catch These Fists“, dem aus hungrigem Begehren bestehenden Sexsong des Jahres „Pillow Talk“, oder das herrlich fese „Mangetout“, ein Song wie eine zuckersüße Dampfwalze. Apropos zuckersüß: Ganz groß wird es, wenn Sängerin Rhian Teasdale von der Liebe singt. So etwa auf „Pond Song“: „I’ve never been so deep in love!“ Oder auf „Pokemon“: „I don’t wanna go slow!“ Genau diesen Spirit brauchen wir wahrscheinlich in einem Sommer zwischen multiplen Krisen, Weltuntergangsszenarien und Hunger auf Leben.
Diese Review erschien zuerst im Musikexpress 08/2025.



