Various Artists

YOU’RE NO BIG DEAL (GRUNGE, THE US UNDERGROUND AND BEYOND 1984-1994)

Cherry Red/Rough Trade (VÖ: 26.9.)

Kuratiert von Mudhoneys Mark Arm: als der US-Underground den Rock zurückeroberte.

Vielleicht kann man es sich so vorstellen, dass der vom Hardcore geprägte US-Underground ab Mitte der Achtzigerjahre einfach überlief. Zu viele Ideen, zu  viele Ambitionen und Eitelkeiten. Die Szene wurde zu klein, diese kleine Welt, wie Bob Mould sie in seinem Buch „See A Little Light“ beschreibt: bei befreundeten Bands übernachten, die Community über alles stellen, jede Art von Ausverkauf ausschließen.

Auch Moulds Hüsker Dü wollten nun mehr. Ihr fünftes Album CANDY APPLE GREY entfernte sich 1986 vom rattigen Hardcore der frühen Aufnahmen. Klar, die Wut war noch da. Aber sie wurde nun kanalisiert. „Crystal“ heißt der Song, mit dem Hüsker Dü auf dieser Box vertreten sind. Auf vier CDs zeichnet Kurator Mark Arm von Mudhoney nach, wie es klang, als sich Hard- und Post-Hardcore zu vielen neuen Subgenres formierten. Von denen ab Ende der Achtziger Grunge und Alternative Rock so erfolgreich wurden, dass die Engländer Britpop erfinden mussten, um die Dominanz zurückzugewinnen.

81 Tracks befinden sich in der Box, dennoch fehlt unglaublich viel. Wie auch nicht? Der US-Underground erlebte gerade eine kreative Explosion. Bands wie die Meat Puppets, Dinosaur Jr., Pixies, Luscious Jackson, Soundgarden, Flaming Lips, L7, Pavement, Mother Love Bone oder Sonic Youth holten sich alle auf ihre Art den Rock zurück. Eine Musikrichtung, die 1984 noch ziemlich tot war, betäubt vom FCKW aus den Haarspraydosen der Poserbands. Weil für dieses Projekt bei vielen relevanten Bands keine Rechte einzuholen waren, fehlen eine Menge Namen. Dafür sorgt Mark Arm für ein paar tolle Fundstücke. Das superobskure „Plant Man“ von Pavements frühem Drummer und Nonsens-Performer Gary Young etwa. Oder das irre groovige „My Only Fan“ von Malfunkshun, der Proto-Grunge-Band von Andrew Wood, bevor er 1988 Mother Love Bone mitgründete

Diese Review erschien zuerst im Musikexpress 10/2025.