The White Stripes :: München, Feierwerk

Detroit Rock City ist im Haus. Und damit das auch alle kapieren, hat die Reisegruppe aus Michigan gleich noch stolz die Stadtflagge von Motor City an den Bühnenhintergrund getackert „Speramus meliora“,“Wir hoffen auf Besseres“, steht da als eine der Inschriften, in Erinnerung an die die harten Zeiten, die Detroit in seiner Geschichte erlebt hat. Und fürwahr richtet sich der Blick der Rockwelt in diesen schweren, schweren Tagen voller blasser, zur Tarnung volltätowierter Hopscombos unter anderem auf die dreckige Industriestadt mit dem rauhen Klima, einst Keimzelle von Punk und Techno. Man darf auf Besseres hoffen, nicht notwendigerweise auf Neues. Die Vorband The Von Bondies mit ihren straßenschicken Second-Hand-Klamotten und ihrem Garage-Psycho-Rock hätte so auch schon vor 30 Jahren durch verqualmte Schuppen brezen können. Als Pausenmusik gibt’s dann Stooges,“Funhouse“von 1970, während die Bühnenarbeiter zu tun haben: Jedes Stück Equipment, das nicht rot, weiß oder wenigstens schwarz ist, muss runter. Denn jetzt kommt eine Band mit Prinzipien. Wie, Prinzipien? Die machen dann Spaß, wenn sie schön stylish und dem Selbstzweck verpflichtet sind -und The White Stripes treten nunmal nur in Rot-Weiß-Schwarz (mit dem blauen Licht aus der Dose sieht das später etwas sehr patriotisch aus, aber das ist momentan auch schon egal) vor Kameras und Öffentlichkeit. „I’m Jack White and this is my little sister Meg“, sagt Jack White, dann knarzt er mit seiner knallroten Gitarre ein ausgesprochen schmutziges Bluesriff und Meg, bekennende Autodidaktin/Dilettantin am Schlagzeug,fängt an, einen scheinbar 60 Minuten durchlaufenden geraden Beat zu schlagen. Nein, sie wird den ganzen Abend nicht eine einzige Triole spielen, keine Synkope, kein einziges Fill, so sehr man es sich auch manchmal als Untermauerung von Jacks eruptiven Gitarrenbratereien wünschen würde. Und nein, es kommt auch kein rotweißer Mietbassist auf die Bühne, um dem kratzigen Garagen-Blues-Punk-Geratter ein sattes Fundament zu verleihen, so verlockend in den ersten Minuten, in denen man sich noch an den rohen Minimalismus gewöhnen muss, diese Vorstellung auch ist. Dafür sieht Meg perfekt cool aus mit ihrem herausfordernd schräg gehaltenen Kopf und den wackelnden Zöpfen, immer im Blickkontakt mit dem schwitzenden Bruder, der schelmisch unter seinem wirren Haarschopf hervorgrinst und dessen Stimme-zum Zerreißen gespannt zwischen Robert-Plant-Falsett Jerry-Lee-Lewis-Überdrehtheit und Edith-Piaf-Tremolo – immer mehr überzuschnappen droht. Und was soll man sagen es funktioniert! Ganz ohne Triolen und Bassbett, ohne Special effects und doofe Posen, dafür mit Stil und Saft rockt die Familie White das Haus zu Schweißbächen. Weil die alle dem Hype aufgesessen sind? Nein. Weil der Hype ausnahmsweise – siehe auch Strokes – mal die richtigen Bands getroffen hat. Wir haben nicht umsonst gehofft.

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