Suede
ANTIDEPRESSANTS
BMG/Universal (VÖ: 5.9.)
Verfall als Schönheitsideal: Post-Punk von den Britpop-Pionieren.
Fast 30 Jahre nach ihrem großen Popwurf COMING UP machen die Veteranen des Britpop einen Bogen um die Discos und Casinos, das „Picnic By The Motorway“ ist längst vergammelt, die letzten Lalalas geträllert. Einer der „Beautiful Ones“, das ist Sänger Brett Anderson immer noch. Nur eben ein mittlerweile 57-Jähriger, der sich Gedanken über die ihm verbleibende Zeit macht. Tod und Vergänglichkeit sind die zentralen Themen von Suedes zehntem Album – somit ist ihre Comeback-Diskografie ebenso umfangreich wie die ihrer Sturm-und-Drang-Zeit.
Dem Job des Sensenmanns konnte Anderson immer schon einiges abgewinnen, doch ist die romantische Todessehnsucht eines Teenagers wie in „The Next Life“ von 1993 heute in Songs wie „Disintegrate“ und „Somewhere Between An Atom And A Star“ einem abgeklärteren Einvernehmen gewichen. Es hilft ja nichts. Gestorben wird immer. Und dennoch, gerade aus der Sicht eines Vaters – „Sweet Kid“ ist Andersons 12-jährigem Sohn gewidmet –, bleibt natürliche eine Grundangst vor dem unklaren Unabwendbaren.
Im weiteren Kontext des Albums überträgt Anderson diese auf den Zustand unserer nervösen Welt in ihrer permanenten Habachtstellung. Er seufzt, er jault. „Broken Music For Broken People“ heißt einer der Songs programmatisch, der allerdings vergleichsweise up-beat ausfällt. Und so pendelt ANTIDEPRESSANTS zwischen düsterem Realismus und erlösender Hymnik. Dazwischen pocht das Herz dieser Band: Brett Andersons prekäres Pathos, seine Stimme, die wieder einmal alles umarmt und abstößt zugleich.
Diese Review erschien zuerst im Musikexpress 09/2025.



