Shame
CUTTHROAT
Dead Oceans/Cargo (VÖ: 5.9.)
The Shape of Punk to come: Die Londoner behalten ihren Ennui.
Shame sind Traditionalisten. Nein, falsch. Shame wissen um die Bedeutung von Traditionen. So sind „Quiet Life“ und „Spartak“, die beiden besten Songs auf ihrem vierten Album, kernig ausgearbeitete Grußkarten an die verschiedensten Spielarten im weitesten Sinne agitatorischer Musik – von Bobby Fuller über Billy Bragg bis hin zur rüpeligeren Seite des Britpop. Shame wissen aber auch um die Bedeutung von Traditionsbruch.
Deswegen verfolgen sie mit CUTTHROAT konsequent den bereits zuvor eingeschlagenen Weg der Erweiterung und öffnen sich komplexeren Klangtexturen – an einigen Stellen, etwa im irgendwo zwischen Lo-Fi und Depeche Mode oszilierenden Schlusstrack „Axis Of Evil“, schimmern sogar elektronische Strukturen durch.
Dieser Schritt steht exemplarisch für das musikalische Wachstum, das sich seit dem rauen Debüt SONGS OF PRAISE (2018) nachzeichnen lässt. Was gleich geblieben ist, ist der Ennui: Frontmann Charlie Steen singspricht mit erkennbarem Unbehagen gegen die Umstände an. In „To & Fro“ wird die Motivation dahinter genau erklärt: „I don’t wanna be this and I don’t wanna be that“, singt er hier, später: „I ain’t got a good voice but it don’t mean I don’t mean what I sing in a song.“ Wir haben verstanden.
Diese Review erschien zuerst im Musikexpress 09/2025.



