Panic Shack

PANIC SHACK

Brace Yourself/Rough Trade (VÖ: 18.7.)

Endlich Grölen mit Anspruch: Pop-Punk aus Wales mit gesellschaftspolitischer Dimension, feministischer Perspektive und übergroßer Liebe zu den Sixties.

Es ist jetzt schon eine gute Weile her, da schrieb der „Guardian“ in einem Artikel über ein Festival einen einzigen Satz über Panic Shack. Dieser Satz, in dem die Begriffe „LA-style punk“, die Go-Go’s und Iron Maiden vorkommen, hatte Folgen. Er führte Panic Shack auf die Bühne von Glastonbury, bis nach Austin zum SXSW und auf ziemlich jede Hotlist und vielversprechende Newcomer-Zusammenstellung – und schwirrt seit drei Jahren wie ein Versprechen durchs Internet. „We get hyped all of the time“, singt der Frauenchor nun im programmatischen Albumopener „Girl Band Starter Pack“, und das meint zwar eher die eigene Aufgeregtheit, lässt sich aber doch auch lesen als ein Seitenhieb aufs hysterische UK-Pop-Business.

Mit seinem Debütalbum löst die 2018 in Cardiff gegründete Band dieses Versprechen zwar endlich, aber dann doch nicht so richtig ein. Aber dafür erfüllen die vier Frauen und der eine Mann am Schlagzeug anderes, auch nicht viel weniger vielversprechendes: PANIC SHACK klingt zwar nicht nach klassischem Maiden-Metal, sondern – seien wir ehrlich – noch viel besser, nämlich wie das uneheliche Lovechild von The Fall und B-52’s – und nicht etwa weil der Bandname an deren großen Hit „Love Shack“ gemahnt. Nein: Man stelle sich einfach vor, die Sleaford Mods hätten sich Beehive-Perücken aufgesetzt, zu viel Sixties-Soul und Beach Boys und Die Cramps gehört – und würden auch noch Spaß verstehen.

Kein Job, kein Konsum, kein Problem

Ist das klasse? Ja, das ist sehr klasse! Denn die Wahrheit liegt ziemlich genau zwischen den ekstatischen Chören und dem nöligen Sprechgesang, mit dem Sarah Harvey ihre Texte vorträgt. Die decken klassische britische Kitchen-Sink-Themen ab, wenn auch aus dezidiert feministischer Perspektive: ihre Herkunft aus der Arbeiterklasse, der Einfluss der Regenbogenpresse auf Körperbilder, sexuelle Belästigung und den untragbaren und echt frauenfeindlichen Umstand, dass in Frauenklamotten immer zu wenige Taschen vernäht sind („Pockets“). Aber es wird nicht nur gemeckert: Gefeiert werden selbstbewusste Film-Heroinen („Thelma And Louise“) oder auch das Faulsein („Lazy“).

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Ist das politisch? Aber klar. „Lazy“, das unwiderstehliche Hohelied auf Prokrastination und Verlotterung, hat natürlich auch eine gesellschaftspolitische Dimension, die muss man dem Stück gar nicht krampfhaft andichten. Kein Job, kein Konsum, kein Problem: Die Verweigerungshaltung muss man sich nicht leisten können, die ist aus sich heraus radikal, die hat Sprengkraft – schon weil sie nicht so hedonistisch ist wie Morrisseys „Spent The Day In Bed“ und auch nicht so verkopft wie die „Kapitulation“, die Tocotronic einst postulierten.

Dass sich Panic Shack vor sieben Jahren zusammentaten im guten alten Punk-Spirit, nach dem allzu viel handwerkliches Können eher tödlich für die Kreativität ist, hörte man ihren ersten Singles und der EP „Baby Shack“ (2022) noch an. Nun ist der Rhythmus auf den Punkt, die Lärmattacken wohl dosiert, die Breaks sitzen am rechten Fleck, aber Punk ist es immer noch. Und jetzt alle zusammen, ganz laut, bis der Kapitalismus seinen Geist aufgibt: „I’m lazy and I like it.“

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Diese Review erschien zuerst im Musikexpress 08/2025.