Mick Harvey – One Man’s Treasure
 
        Die einzige Frage, die sich nach Anhörung dieses Singer/Songwriteralbums stellt, lautet: Warum hat er das nicht schon früher getan? Üblicherweise gehen die Spitzen-Instrumentalisten der epochalen Bands nicht erst nach 20 Jahren mit einem Soloalbum an die Öffentlichkeit, und wenn sie das im Alter von fast 50 noch wagen, ist ihnen oft nur der sentimentale Beistand Gleichgesinnter gewiß. Mick Harvey hat schon während der frühen Bad-Seeds-Jahre Soloalben aufgenommen, zwei Gainsbourg-Coverversionen-Sammlungen Mitte der 90er, ereeichnete verantwortlich für zahlreiche Soundtracks – aber erst in diesen knapp 50 Minuten trägt er die Verantwortung als Sänger und Songwriter in seinem eigenen Beritt, one mans treasure ist im positiven Sinne altmodisch, der Künstler ein Bruder im Geiste und im Klange von Nick Cave – Harvey spielt seine Songwriterwerdung nach dem Modell seines Bandleaders, er macht einen Diener vor dem Herrn Nick („Come Into My Sleep“, 1997), interpretiert Jeffrey Lee Pierces „Mother Of Earth“, als wäre es 1983 und er gerade bei Green On Red eingestiegen. Akustik-Gitarre, Piano, Orgel, Streicher, das war’s fast schon, Harvey erzählt seine Stories vom Leben, von der Liebe und vom Alkohol mit einer Stimme wie aus dem Separee, jetzt bloß nicht zu laut, zu deutlich werden. Als wäre er sich seiner neuen Rolle als Sänger so sicher noch nicht. Der Mix aus Eigen- und Fremdkompositionen (Tim Buckley, Lee Hazlewood) funktioniert in diesem schummerigen Licht, und wenn er sich der Songs anderer annimmt, sind’s nur die Enigmatiker, die Übersongwriter und spektakulär Gescheiterten. Warum hat er’s nicht schon früher getan? Höchstwahrscheinlich war er einfach zu beschäftigt, vielleicht hat er inmitten all der Band-Engagements und Session-Termine für Anita Lane, PJ Harvey, Robert Forster, Lydia Lunch und Die Haut Ferien vom Ich genommen, das nicht laut genug rebellierte. Es ist eine „Mein Musikzimmer und ich“-Platte, und Harvey gesteht sich zu, daß er endlich einmal die Hauptrolle in einem kleinen großen Film spielt. VÖ:29.8.
 
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