Mariah Carey
HERE FOR IT ALL
Gamma (VÖ: 26.9.)
Traumtänzer:innen-Soul mit leichtem Hang zur Straße.
Stellt euch bitte Folgendes vor: Ihr befindet euch in Los Angeles. In den Hills. Ihr seid für den Nachmittag zu einem Gemüse-Barbeque und sommerlichen Drinks eingeladen. Gastgeber ist jemand sehr Reiches, den ihr kaum kennt. Es gibt einen Pool, um den herum lümmeln schöne Menschen, auch einige altgediente Rapper:innen sind da. Easypopeasy alles. Zeitlos.
Ihr habt leicht einen sitzen, und es beschleicht euch das Gefühl, dass ihr euch in einer sugarcoated Zwischenwelt befindet, durch die ihr euch in Zeitlupe bewegt. Mit jeder Stunde wächst das Bedürfnis, zurückzufliegen in den frostigen Berliner Winter. Mariahs neues Album bildet all das ab. Ihr seht das Ganze vor euch. Ihr fühlt es. Carey ist, was sie ist. Eine versierte Sängerin in einem Genre, das sich in einer Twilight Zone verortet: zwischen R’n’B, HipHop und cheesy Barmusik von vor 50 Jahren.
Sie ist verlässlich und liefert mit diesem Album auf elf Tracks Weichheit („My Love“) und an Aaliyah erinnerndes Rhythmusklappern („Sugar Sweet“ feat. Shenseea & Kehlani) ab. Ihre Stimme scheint über die Jahre tiefer geworden zu sein, was angenehm ist. Das allzu schrille Kolloraturgesinge fehlt bis auf einige kleine Einsprengsel am Ende vom Titeltrack. Aber Innovation eben auch. Sie führt fort, was sie immer schon gemacht hat: soulful Hintergrundmusik in perfekt. Man reiche mir dazu einen kühlen Negroni. Danke.
Diese Review erschien zuerst im Musikexpress 10/2025.


