Lizzo
MY FACE HURTS FROM SMILING
Nice Life/Atlantic (VÖ: 27.6.)
Drei Tage, ein Mixtape, eine Botschaft: Fuck off! Aber hinter Lizzos Schnellschuss-HipHop-Tracks steckt mehr.
Ein Mixtape als Befreiungsschlag. Niemand sah es kommen, niemand muss es kaufen. Ein gut 34 Minuten langes Statement, entstanden in nur drei Tagen, die Botschaft: „I don’t give a shit!“ Ähnlich differenziert wie das Photoshop-Cover, das in der aktuellen Masse der KI-generierten Bilder ein schönes Retro-Feeling verströmt – like it’s 2015 again!
Natürlich stehen die 13 kurzen Tracks im Bann der Ereignisse: Vor zwei Jahren erhoben drei ehemalige Background-Tänzerinnen Klage gegen Lizzo. Der Grund: sexuelle Belästigung, Mobbing. Eine Klage ihrer Stylistin folgte. Lizzos Leben wird seit einigen Monaten von Gerichtspost geprägt. Ein neues Album ist für den Herbst angekündigt, das Titelstück „Love In Real Life“ erschien bereits im Frühling. These: Das Album wird kompliziert sein.
In diesem Mixtape steckt offensichtlich mehr, als die Künstlerin suggeriert
Umso einfacher will es sich das Mixtape machen. Musikalische Finesse gibt’s nicht. Motive von Beethovens „Für Elise“ werden mal schnell in einen stadionkompatiblen HipHop-Track eingebaut. Warum? Weil’s geht! Lizzo zeigt ihre Rap-Skills, die erste Gesangsmelodie taucht beim fünften Stück auf, schön gospelig, aber textlich so subtil wie ein Rummel-Rekommandeur: „Still Can‘ Fuh“, inklusive einem tollen Feature von Doja Cat. Auch SZA hat einen Gastauftritt: „IRL“ nimmt das „In Real Life“- Motiv des kommenden Albums auf.
Was man nicht weiß: Diese trotzige Feier des Lebens und des Ichs in dieser „sick world“ – wie echt ist das Ganze? Zu Beginn, bei „Yitties on Yo Titties (Freestyle)“ ist man dabei. Auf Dauer verliert man den Glauben. Schließlich folgt bei DITTO auf ein Party-Intro doch noch eine Abreibung an alle, die ihr Ungutes wollen: „Fuck your party, unvinte me“. Je länger der Track läuft, desto nachdenklicher gibt sich Lizzo, bis es am Ende so wirkt, als verspotte sie sich selbst: „It’s a Lizzo summer!“ In diesem Mixtape steckt offensichtlich mehr, als die Künstlerin suggeriert.



