DJ Koze

MUSIC CAN HEAR US

Pampa/Rough Trade (VÖ: 4.4.)

Niemand, wirklich niemand lässt House, Pop und irre musikalische Experimente so schön kollidieren wie Stefan Kozalla. Dabei helfen ihm Damon Albarn, Soap&Skin, Sophia Kennedy, The Düsseldorf Düsterboys und noch viele weitere Gäste.

DJ Koze veröffentlicht seine Alben in sehr großen Abständen. Wäre er bei einem großen Label unter Vertrag, würde das die Abgesandten der Marketingabteilungen beim Jour fixe mit der Geschäftsführung in Erklärungsnotstand bringen. Kozes letztes Album, KNOCK KNOCK, ist vor nun schon sieben Jahren erschienen.

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Wenn aber ein neues Album von ihm kommt, dann mit einer Dringlichkeit in allen Bereichen, sodass für ADHS-konditionierte Hörer:innen eine schwere Zeit anbricht. MUSIC CAN HEAR US ist ein Manifest der Reizüberflutung. Das fängt bei der Anzahl der Features an und hört nicht auf bei dem manischen Eklektizismus, den Koze mit den 15 Songs verbreitet.

Jede:r Gäst:in leistet einen wichtigen Beitrag zur Anderswerdung der Koze-Musik

Das Koordinatensystem von Stefan Kozalla, geboren 1972 in Flensburg, hat sich ja nicht erst seit gestern vom Track zum Song verschoben. Die beiden Alben AMYGDALA (2013) und KNOCK KNOCK (2018) waren schon erste Beispiele dafür, dass Koze Szenezugehörigkeit und Genres immer egaler werden. Techno-Puristen mögen vielleicht die Augen verdreht haben, als die Tracks von ihrem DJ Koze zum ersten Mal poppige Strukturen angenommen haben. Spotifysozialisierte Hörer:innen werden sich fragen, was das denn eigentlich für komische Songs sein sollen, die manchmal nicht einmal über einen Refrain verfügen und so gar nicht nach den handlichen zweieinhalbminütigen Spektakeln klingen, die der Algorithmus täglich in „Deine Playlist“ einspeist.

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Und dann gibt es anscheinend eine breite Mitte, die sich nicht um Techno-Purismus schert und für die Streaming-optimiertes Songwriting nicht mit ihrem Ästhetikempfinden in Einklang zu bringen ist. Und für diese Leute ist MUSIC CAN HEAR US gemacht. Unter den vielen Features auf dem Album dürfte Damon Albarn (Blur! Gorillaz!) die größte Aufmerksamkeit erregen. Albarn ist ähnlich wie Koze ein Musikbesessener, der auch jenseits der 50 von einer musikalischen Neugierde getrieben wird, die manchem 30-Jährigen bereits abhandengekommen ist. Die Albumversion ihres „Pure Love“ klingt wie die Abstraktion eines Ethno-Songs. Außerdem mit dabei sind: Sophia Kennedy, Soap&Skin, Arnim Teutoburg-Weiß (Beatsteaks), The Düsseldorf Düsterboys, Ada, Sofa Kourtesis, Markus Acher (The Notwist), Marley Waters und Marewrew. Und jede:r Gäst:in leistet einen wichtigen Beitrag zur Anderswerdung der Koze-Musik.

Es gibt so Unterschiedliches wie den Pop-Ambient „What About Us“ mit Markus Acher, Tribal House in „Buschtaxi“, das David-Lynch-ige „Unbelievable“, featuring Ada, oder die unironische Coverversion des 80er-Jahre-Italo-Disco-Hits „Vamos a la playa“ von Righeira, bei der der Gesang der Cover-erfahrenen Soap&Skin das Blut gefrieren lässt. Die Klammer für all diese so vollkommen unterschiedlichen Songs bilden Kozes Hang zur Psychedelia und seine Verspieltheit, die nach aktuellen Hörgewohnheiten gleich als Weirdness ausgelegt wird. Unter dem mehr oder weniger poppigen Gesang der Gaststars verstecken sich auf MUSIC CAN HEAR US mit die schönsten Experimente, die heute in der elektronischen Musik zu finden sind.

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