Album der Woche

Das Paradies

ÜBERALL, WO MENSCHEN SIND

Krokant/Indigo (VÖ: 26.9.)

Florian Sievers’ lyrischer Pop tröstet – und man möchte vergehen.

Richtig wunderschön, noch schöner als eh schon, wird es ganz zum Schluss, wenn sich Florian Sievers reindenkt, reinfühlt, reinimaginiert in ein Molekül, das im Wasserkreislauf unterwegs ist. Wie es ist, als Teil eines Wasserfalls zu fallen, in einem Gletscher festzusitzen, in einem Pool zu schweben, eine Wiese zu bewässern, zu zerlaufen, sich aufzulösen, in die Luft aufzusteigen, überall zu sein und nirgendwo, zu vergehen und doch unendlich zu sein.

Ein schöner Gedanke, und ein sehr schönes Lied ist „Bei den Regendrops“. Man könnte den Song deuten als Kommentar zum Klimawandel, als Gedankenexperiment oder als Allegorie aufs Leben. Und so unbestimmt, so allgemeingültig, so fließend und tröstend, so schön ist ÜBERALL, WO MENSCHEN SIND generell. Ein wenig, und das ist sehr viel, löst Sievers, der sonst von Leipzig aus mit Talking To Turtles Musik macht, den Namen Das Paradies mit diesem dritten Album seines Solo-Projektes ein: Stets leicht verhallt, die Melodien sphärisch, die Stimmung feenhaft, sind seine Songs einfach da, stellen keine Fragen, geben keine Antworten, aber nähren doch, trösten, geben Hoffnung.

Youtube Placeholder

An dieser Stelle findest du Inhalte aus Youtube
Um mit Inhalten aus Sozialen Netzwerken zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir deine Zustimmung.

Man könnte sich wild durch die Lyrik assoziieren, sich an PeterLicht erinnert fühlen, man könnte Hinweise suchen, Erklärungen finden, sie wieder verwerfen, und am Ende singt man ohne Ziel, ohne Zweck einfach mit, und eigentlich betet man: „Bitte lös mich auf / Ja, du darfst / Es war ein schöner Tag / Jetzt wirf mich einfach in dein Wasserglas.“

Diese Review erschien zuerst im Musikexpress 10/2025.