Liebe als Business-Deal: Kritik zu „Was ist Liebe wert – Materialists“
Der neue Film von Celine Song versucht eine Menge, schafft aber nicht alles.
Was passiert, wenn man Dakota Johnson, Pedro Pascal und Chris Evans gemeinsam in einen Film steckt? Tatsächlich nicht so viel, wie man vielleicht erwarten würde. Was genau das Ergebnis dieses Zusammenspiels ist, zeigt „Was ist Liebe wert – Materialists“ über die Länge von 117 Minuten auf der großen Leinwand. Was mit dieser Besetzung in der Theorie ein wahr gewordener Traum sein könnte, entpuppt sich in der Umsetzung als nichts Halbes und nichts Ganzes.
Lässt sich Liebe berechnen?
Der zweite Film von Regisseurin Celine Song, die zuvor mit „Past Lives“ mitten ins Herz etlicher Zuschauer:innen traf, betrachtet die Liebe nun deutlich pragmatischer. Lucy (Dakota Johnson) lebt im turbulenten New York und arbeitet als Matchmakerin für „Adore“. Ihre Lebensaufgabe: Liebessuchende auf ökonomischer Basis miteinander verkuppeln und Paare fürs Leben zusammenbringen. Im Fokus stehen dabei nicht die großen Gefühle, denn für Lucy ist Liebe ein „Business Deal“, den man anhand verschiedener Faktoren abschließt.
Sie selbst ist zwischen den Männern Harry (Pedro Pascal) und John (Chris Evans) hin- und hergerissen. Dabei sucht Lucy nicht nach Emotionen, sondern nach dem besten Potenzial und dem meisten Geld, was Harry zu einem idealen Kandidaten macht. Er ist nicht nur ein Private-Equity-Broker, der in einem 12-Millionen-Dollar-Apartment lebt, sondern auch charmant, zuvorkommend und erfüllt mit seiner Körpergröße sämtliche Anforderungen. Bei „Adore“ würde man ihn ein „Einhorn“ nennen, so perfekt und surreal wie er wirkt. John hingegen hat kaum Geld, keinen festen Job und ist On-Off-Schauspieler abseits des Broadway. Zudem ist er auch noch Lucys Ex-Freund. Getrennt haben sie sich, weil John für Lucy schlicht und einfach zu arm war, für die ökonomisch denkende Matchmakerin ein absolutes No-Go.
Rom-Com im Schafspelz
„Was ist Liebe wert – Materialists“ wird als klassische romantische Komödie beworben. Doch wer mit der Erwartung ins Kino geht, einen lockeren, leichten, lustigen Film zu sehen, wird schnell enttäuscht. Denn all das, was Songs Projekt vorgibt zu sein, ist es nicht. Vielmehr versucht die Regisseurin, eine Gesellschaftskritik als Wohlfühl-Liebesfilm zu tarnen.
Auf dem Papier klingt das nach einem spannenden Konzept, doch in der finalen Umsetzung will es nicht ganz zünden. Dennoch: „Was ist Liebe wert – Materialists“ hat seine guten Momente. So arbeitet Song mehrfach mit Zusammenschnitten absurder Dating-Vorlieben ihrer Klient:innen, die (traurigerweise) wohl mehr Realität abbilden, als man zugeben möchte. Einer ihrer Kunden ist etwa von allen Frauen abgeschreckt, die auch nur in die Nähe ihres 30. Geburtstags kommen, während ein anderer besonderen Wert auf den BMI (Body-Mass-Index) seiner zukünftigen Partnerin legt. Mehr als einmal entlocken diese Szenen ein Schmunzeln, sei es aufgrund der Absurdität oder der Realitätsnähe.
Lucy hört ihrem Gegenüber stets aufmerksam zu und lässt sich auch von den absurdesten Präferenzen nicht beirren. Dakota Johnson überzeugt in Songs Film nicht unbedingt mit schauspielerischer Finesse, vermutlich auch deshalb, weil ihre Rolle diese kaum zulässt. Denn so abgebrüht und kalt, wie die Matchmakerin wirken soll, verkörpert Johnson diese Gefühlswelt konsequent. Ob das Absicht oder Zufall ist, weiß wohl nur die Schauspielerin selbst.
Von Gesellschaftskritik zur Traumabewältigung
Entscheidet sich der Film zur Mitte hin eher für einen gesellschaftskritischen Fokus, kippt er gegen Ende doch in das Konzept einer klassischen RomCom, oder versucht es zumindest. Zunächst wird immer wieder das Bild von Liebe als marktwirtschaftliche Instanz aufgebaut, in der es um Potenzial und Vermarktung geht. Lucy kennt ihre Klient:innen kaum und hat auch kein Interesse daran, bis es ihr zum Verhängnis wird. Denn eine ihrer Kundinnen macht eine nicht nur negative, sondern auch gefährliche und traumatisierende Erfahrung mit einem vermeintlich passenden Mann.
Ab diesem Punkt spielt neben den gesellschaftskritischen Aspekten auch die Aufarbeitung traumatischer Erlebnisse eine Rolle, während Lucy weiterhin zwischen Harry und John schwankt. Hier droht „Was ist Liebe wert – Materialists“ zu viel zu wollen.
Ist „Was die Liebe wert ist – Materialists“ ein gescheiterter Versuch?
Das Konzept, an dem sich Celine Song versucht, funktioniert mal mehr, mal weniger. Zwar schafft sie den intendierten ungeschönten Blick auf die Oberflächlichkeit der aktuellen Dating-Landschaft, lenkt zum Ende hin aber doch wieder in Richtung klassischer RomCom. Denn Dakota Johnsons Charakter muss sich schließlich noch zwischen Chris Evans und Pedro Pascal entscheiden, und solche Szenarien lassen sich selten ohne eine gewisse Prise Kitsch auflösen, auch nicht in „Was ist Liebe wert – Materialists“.
Trotz oder gerade wegen dieser Unstimmigkeiten ist er ein Film, von dem man sich selbst ein Bild machen sollte. Denn ein derart verklärter Blick auf Dating, Partnerschaft und Liebe ist in Hollywood selten. Langweilig wird es in Celine Songs zweitem Projekt jedenfalls nicht. Und sehenswert, nicht nur wegen der prominenten Besetzung, ist die A24-Produktion allemal. Das liegt auch an dem stimmigen Szenenbild, der bewährten New-York-Kulisse und dem ansprechenden Kostümdesign. Die Konzept-Idee mag nicht ganz aufgehen, doch einen spannenden Ansatz verfolgt diese Halb- oder Nicht-RomCom trotzdem.



