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Black Sabbath: Die wichtigsten Alben

Welche Alben von Ozzy können wir jetzt auflegen, um ihm gebührend Tribut zu zollen?

„Du kannst nur dir selbst und den ersten sechs Black-Sabbath-Alben vertrauen“ lautet ein Henry Rollins zugeschriebenes Bonmot. Auch, wenn wir dem Ex-Black-Flag-Frontmann nur ungern widersprechen, gehört ihre Werkschau um ein paar Alben erweitert. Nun ist Ozzy Osbourne am 22. Juli verstorben. Eine Würdigung seiner Band und seines Schaffens.

SCHWARZE MAGIE

Black Sabbath (1970)

Regen prasselt, Kirchenglocken läuten, Donner grollt. „Black Sabbath“, der Titelsong und Opener des Debüts, dessen schleppendes Gitarrenmotiv auf dem teuflischen Tritonus-Intervall basiert, ist nicht nur wegen seiner Atmo-Samples der erste Horrorfilm zum Hören und nebenbei die erste Definition von Doom Metal. Mit „The Wizard“ bleibt es mystisch, mit „N.I.B.“ dynamisch diabolisch, während „Behind The Wall Of Sleep“ einen (Riff-)Ausblick in die nahe Zukunft gewährt. Doch es steigt nicht nur Kriechnebel aus den Rillen: die Blues- und Jazz-Rock-Konventionen der Coversongs „Evil Woman“ (Crow) und „Warning“ (The Aynsley Dunbar Retaliation) sind Rückgriffe auf die Ursprünge der Band.

Fünf Sterne

Paranoid (1970)

Nur vier Monate nach der Debütveröffentlichung lautet der Marschbefehl zurück ins Studio, wo Black Sabbath ihr erstes vollwertiges Meisterwerk einspielen. Der Antikriegs-Song „War Pigs“ eröffnet die A-Seite, die mit dem Schnellschuss „Paranoid“ und der apokalyptischen Zeitreise-Parabel „Iron Man“ noch zwei weitere spätere Setlist-Standards und Sabbath-Signature-Songs enthält. Abgesehen vom psychedelischen Space-Rock-Trip „Planet Caravan“ bleibt der Ton mit nuklearen Apokalypsen („Electric Funeral“), heroinabhängigen Vietnam-Heimkehrern („Hand Of Doom“) (politisch) pessimistisch bis schwarzmalerisch.

Sechs Sterne

Master Of Reality (1971)

Ein ikonisches Husten eröffnet das Marihuana-Loblied „Sweat Leaf“ und damit das dritte und direkteste Album der Band. Die Gitarre und der Bass sind runtergestimmt und sorgen für einen noch schwergewichtigeren Sludge-Paten-Sound auf Heavy-Metal-Blaupausen wie dem Riff-Reiter „Children Of The Grave“, dem sinistren Schlepper „Lord Of The World“ oder dem abgründigen „Into The Void“. Atmosphärische Instrumental-Interludien („Embryo“, „Orchid“) sowie das mit Flöte, Piano und vokalen Verzögerungseffekten belegte, fast folkloristisch-verträumte „Solitude“ sind indes Vorboten eines zunehmenden musikalischen Experimentierwillens.

Fünfeinhalb Sterne

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Vol. 4 (1972)

In Los Angeles und ohne Stammproduzent Rodger Bain entsteht das Viertwerk der Band in klanglicher Eigenregie sowie unter derart massivem Kokain-Einfluss, dass neben dem offensichtlichen „Snowblind“ der guten Drogenversorgung gar eine eigene Danksagung in den Liner Notes gebührt. Auf musikalischer Seite stehen ausformulierte und komplexere Kompositionen wie das epische „Wheels Of Confusuion“ neben effekt- oder emotionsbeladenen Instrumentals („FX“, „Laguna Sunrise“) und massiven Riff-Brechern wie „Supernaut“ oder dem schwerfälligen „Cornucopia“. Mit dem Scheidungs-Song „Changes“ betritt die Band derweil streicherverziertes Piano-Balladen-Neuland.

Fünfeinhalb Sterne

Sabbath Bloody Sabbath (1973)

Von der Schreibblockade, die die L.A.-Sessions in ein britisches Spukschluss verlegen lässt, fehlt auf dem fertigen Album jegliche Spur. Im Gegenteil, Sabbaths Ausflug ins Kontrastreich ist ein songdienlicher Siegeszug, ein meisterliches Zusammenspiel von Licht und Schatten, Riff-Macht und Melodien. Dabei profitiert nicht nur der Titelsong, das von Yes-Keyboarder Rick Wakeman verfeinerte „Sabbra Cadabra“ oder das großgestige „Spiral Architect“ vom progressiveren Soundpanorama. Selbst das filmmusikhafte Instrumental „Fluff“ besitzt eine kompositorische Vollwertigkeit, die seine gesangslosen Vorgänger so nicht aufbieten konnten. Ihre musikalische Sternstunde.

Sechs Sterne

NICHT GANZ INS SCHWARZE

Born Again (1983)

Das Artwork ist entsetzlich, der muffige Sound kein Genuss. Dennoch ist die Paarung von Deep-Purple-Sänger Ian Gillan mit Black Sabbaths Instrumental-Fraktion faszinierend. Von Gossen-Rockern wie „Trashed“ über Verstörendes wie „Disturbing The Priest“ oder das zauselige „Zero The Hero“ bis hin zum Proto-Industrial-Glam von „Digital Bitch“ sowie der recht Deep-Purple-nahen Titelballade wuchert hier allerhand in der Petrischale. Sogar ein Blues-Versuch wie „Keep It Warm“.

Dreieinhalb Sterne

Seventh Star (1986)

Als Soloplatte des verbliebenen Originalmitglieds Tony Iommi geplant, veröffentlicht man Album Nummer zwölf doch lieber verkaufsfördernd unter dem Black-Sabbath-Banner. Mit dem späteren Kiss-Drummer Eric Singer und Trapeze-/Deep-Purple-Röhre Glenn Hughes weiß SEVENTH STAR zwar nicht als genuines Sabbath-Werk, als melodisches Achtziger-Hard-Rock-Album aber durchaus zu überzeugen. Dafür sorgen Hughes’ Stimmstärke sowie das gute Songmaterial mit potenziellen Radio-Rockern wie „Turn To Stone“ und „Danger Zone“ sowie den Blues-Balladen „No Stranger To Love“ und„Heart Like A Wheel“. Nie waren Black Sabbath Whitesnake näher als hier.

Viereinhalb Sterne

13 (2013)

Das 19. und finale Album – wenn auch nicht in Originalbesetzung, denn Rage-Against-The-Machine-Trommler Brad Wilk ersetzt Bill Ward. Ein Triumph für das Ur-Trio Osbourne/Iommi/Butler ist es dennoch. Unter der Ägide von Rick Rubin besinnt man sich auf die Siebziger und legt einen Studioabschied hin, der sich nach SABOTAGE (1975) einsortieren lässt und noch einmal das gesamte Arsenal schwerer Riffs und philosophischer Fragen („God Is Dead?“) auffährt. Blickt das eröffnende „End Of The Beginning“ schon auf den Debüt-Opener, ist der Album-Ausklang ein Zirkelschluss: Regenprasseln, Kirchenglockenläuten, Donnergrollen.

Viereinhalb Sterne

DAS NEUE SCHWARZ

Heaven And Hell (1980)

Nach einem Jahrzehnt voller künstlerischer Erfolge, Drogenexzesse und persönlicher Dramen ist die Band genauso am Ende wie die Siebziger. Dass der Sprung ins neue Jahrzehnt nach dem Rohrkrepierer NEVER SAY DIE! dennoch gelingt, ist einem neuen Sänger und Produzent Martin Birch geschuldet. Während Ozzy seine Solokarriere vorbereitet, macht der Rest mit der ehemaligen Rainbow-Stimme Ronnie James Dio weiter. Die Variabilität und Virilität des theatralischen Tenors hieven das starke Songmaterial – darunter Kracher wie „Neon Knights“ oder „Children Of The Sea“ – auf Augenhöhe mit dem anbrechenden Metal-Zeitgeist.

Sechs Sterne

Headless Cross (1989)

Wird die Gesangs-Glaubensfrage in der Regel zwischen Ozzy und Dio entschieden, darf man nicht vergessen, dass Tony Martin ab Mitte der Achtziger für fünf Studioalben Sabbaths’ Stimme war. Seine zweite Arbeit mit Iommi, Rainbow-Rhythmusmaschine Cozy Powell sowie Jazz-Bassist Laurence Cottle zählt zu seinen besten. Düster, mystisch, unheilvoll, aber doch stets melodisch und von Martins hypnotischem Pathos getragen, verliert sich die Band nur selten in Achtziger-Hard-Rock-Klischees. Dass Queens Brian May als Gast („When Death Calls“) vorbeischaut, veredelt das Werk zusätzlich.

Viereinhalb Sterne

The Devil You Know (2009)

17 Jahre nach DEHUMANIZER findet sich das alternative Line-up aus Iommi, Butler, Dio plus Schlagzeuger Vinny Appice für ein letztes Album zusammen. Allerdings firmiert man nicht als Black Sabbath, sondern juristisch wasserdicht als Heaven & Hell. Doom-verliebter als je zuvor in dieser Konstellation (und damit der Ozzy-Ära näher) hagelt es elegische Epen wie „Bible Black“ oder „The Turn Of The Screw“. Aber auch Flottes wie „Eating The Cannibals“ ist dabei, bevor das Album in der Schlusslichtwalze „Breaking Into Heaven“ kulminiert. Dios Schwanengesang – knapp ein halbes Jahr später erliegt er dem Krebs.

Fünfeinhalb Sterne

SCHWARZES SCHAF

Forbidden (1995)

Die Mittneunziger meinen es nicht gut mit alten Recken wie Black Sabbath. So empfehlen die Profis der Plattenfirma eine Zusammenarbeit mit Ice-T und Body-Count-Gitarrist Ernie C. Während Letzterer die Platte produziert, steuert der MC auf dem von Tony Martin in befremdlichem Kommandoton dargebotenen „The Illusion Of Power“ einen Rap bei. Womit fast alles gesagt ist. Dass es 18 Jahre bedurfte, bis sich Black Sabbath erneut ins Studio trauen (und Iommi 2019 einen Remix-Rettungsversuch für FORBIDDEN unternimmt), ist bezeichnend.

Zwei Sterne