An der Bar mit: MADANii
MADANii im Bar-Talk über personalisierte Magneten, Framing, Pedro Pascal und alternative Familienstrukturen
Bevor es ins Berliner Karanfil geht, braucht es einen EC-Automaten. Stichwort: cash only. Aber danach gibt es kein Halten mehr in Sachen Limo-Trinken und sprudelnd reden über alternative Familienstrukturen und vieles mehr.
Ich habe es gerade sehr geschätzt, dass du genau wusstest, wo wir Bargeld für den Laden hier her bekommen – und wo wir uns am besten hinsetzen sollten. Bist du die, die in einer Runde immer den Überblick hat?
Eigentlich habe ich gar keinen Orientierungssinn. Und auch Gesichter und Namen kann ich mir nicht gut merken. Aber ich habe mir vorgenommen, besser bei all dem zu werden. Auch darin, den Namen von einer Person häufiger im Gespräch zu droppen, weil ich das selbst toll finde, wenn das Leute machen. Wenn man jemanden kennenlernt und der oder die direkt den Namen in einer Frage unterbringt, dann respektiere ich das sehr.
Darauf stoße ich an!
Cheers! Ich habe schon lange nicht mehr so eine Kräuterlimonade getrunken, aber lecker.
Was ist denn dein Go-To-Drink in einer Bar?
Ich mag Drinks, die möglichst nach nichts schmecken. So was wie Wodka Soda. Bei unalkoholischen Getränken nervt mich, dass es kaum etwas gibt, was frisch, aber nicht süß schmeckt. Muss ich etwa zum Wasser wechseln, obwohl ich was Nices will?!
Deshalb gute Wahl mit der Limo hier, habe ich dir gleich nachgemacht. Danke für den Tipp, Dena! Wie findest du es eigentlich, wenn man Namen in Songs verwendet?
Das finde ich charmant. Neulich hat mir ein Freund ein arabisches Lied geschickt, was „Dana“ heißt, aber wie „Dena“ ausgesprochen wird – das hat mich auch gefreut. Als Kind kannte ich nämlich keine, die hieß wie ich. Es gab keine Aufkleber, Magnete und Postkarten mit meinem Namen, was andere dann gerne mal über der Kinderzimmertür prangen hatten. Ich wollte mich aber mitgedacht fühlen.
Dass du dich manchmal nicht mitgedacht gefühlt hast, ist auch Teil deiner Songs. Ist das eine Art des neuen Framings?
Als Kind oder Jugendliche hatte ich ja kein Framing, sondern nur die Reaktion der Leute und wie ich mich damit gefühlt habe. Ich bin weiß-deutsch sozialisiert worden und habe Hobbys wie alle anderen gehabt und mich deshalb nicht anders wahrgenommen – ich wurde aber anders behandelt. Das habe ich sehr persönlich genommen und angefangen, zu glauben, dass mit mir etwas nicht stimmen muss. Eben weil ich kein anderes Framing hatte. Das hat sich natürlich geändert. Ich kann jetzt einordnen, dass ich nichts dafür kann, sondern dass das was mit Gesellschaft und Konzepten zu tun hat. Seit ich in Berlin bin, ist das eh nicht mehr so wie in Franken, wo ich aufgewachsen bin – weil man in Berlin leichter Community und Orte findet,
die viel inklusiver sind. Und mit meiner EP BiiLINGUAL geht es mir auch ums Loslassen von den besagten Kindheits- und Jugendgefühlen. Es ist also eine Art Reframing.
Würdest du sagen, dass du jetzt insgesamt mehr bei dir bist?
Es ist wechselhaft, aber jeden Tag ein bisschen mehr. Die Musik ist ein Spiegel davon. Wenn man sich meine Songs anhört, wird die Entwicklung zum persönlich mehr Ranlassen auch deutlich. Ich will nicht mehr so darauf schauen, was ich denke, was zu mir passt, sondern das machen, wonach ich mich fühle.
Wovon lässt du dich dann beeinflussen?
In der Musik ist einfach alles von mir drin. Von klassischer, iranischer Musik, die mir meine Mama nähergebracht hat, bis hin zu Popsongs, die ich jetzt einfach gerne höre. Ich habe mal zu den Klängen in meiner Musik die Frage gelesen, ob das alles überhaupt nebeneinander existieren kann und ich wollte darauf nur antworten: „Klar!“ Denn das bin ich in Musikform. Ich bin in Deutschland geboren und aufgewachsen, komme aber aus einer iranischen Familie, in mir ist das alles total vermischt.
Fühlst du dich in einer Bar entspannt?
In Berlin auf jeden Fall. Wenn ich aber in Bayern mit meinen Eltern in eine Wirtschaft gehe, ist das ein kritischer Moment. Das kann schon Unwohlsein hervorrufen, weil ich mich dann sehr beobachtet fühle.
Mit wem würdest du gerne – tot oder lebend – länger in einer Bar abhängen?
Das Ding ist … es gibt unter Artists einfach so viele Narzist:innen! In meinem engeren Freundeskreis sind gar keine Musiker:innen dabei. Beim Abhängen muss ich ja auch die Person sympathisch finden. Also, hm, wer gilt denn als rundum nett? Ah, warte, ja! Pedro Pascal! Einen Abend mit Pedro nehme ich gerne in Kauf. Da kann ich auch gleich etwas flirten. (lacht)
Woah, in einer Bar daten … auch nicht nur easy.
Stimmt. Ich saß neulich mit Freund:innen in einer Bar und wir haben literally so ein komplettes Date mitbekommen. Wir haben die ganze Zeit überlegt, ob es ihr erstes Treffen ist oder nicht. Das hat uns so sehr beschäftigt, dass meine Freundin beim Rausgehen die beiden gefragt hat, ob es ihr erstes Date ist. (lacht)
Nein!
Doch! Und Leute zu beobachten, kann ja richtig spannend und unterhaltsam sein. Wenn ich mal nicht versuche, so viel auf mein Handy zu schauen, dann gucke ich auf die Menschen um mich herum und denke darüber nach, wie wohl ihr Leben aussehen könnte.
Was ist momentan eine große Sache für dich?
Gerade finde ich es schwierig, in einer Zeit zu existieren, in der so ein bisschen Weltuntergangsstimmung herrscht. Ich mache mir deshalb viele Gedanken über die Art des Zusammenlebens. Wie kann man in diesen Zeiten mehr Gemeinschaft kreieren? Wie kann man sich gegenseitig besser zuhören und unterstützen? Das fängt damit an, sich den Namen von jemanden zu merken bis hin zu alternativen Familienstrukturen, bei denen mehr Leute dabei helfen, ein Kind aufzuziehen. Darüber denke ich nach, genauso wie darüber, wie man ein Konzert zu einem gemeinschaftlicheren Erlebnis machen kann. Es bleibt ja so, dass ich als Artist auf der Bühne stehe und das Publikum davor. Trotzdem probiere ich, mit meinen Ansagen klarzumachen, dass ich mit den Leuten gemeinsam durch einen Song durchgehen will.
Wie meinst du das?
Ich nenne das schon mal Gruppentherapie. Das mache ich, weil ich will, dass das Publikum Teil meiner Performance wird, aber eben auch, weil ich ein Teil der Gruppe sein möchte.
Mehr zu MADANii
Dena Zarrin wollte schon als kleines Kind Sängerin werden. Genau aus diesem Grund studierte sie auch in Mannheim Musik und vernetzte sich dort mit Artists. Im Mai erschien ihre EP BiiLINGUAL, auf der die Wahlberlinerin ihre Geschichte als Tochter iranischer Geflüchteter genauso verarbeitet wie das Gefühl von Zerrissenheit und den Hang zu großen Träumen. Als MADANii verbindet sie Avant-Pop mit Trap und audio visuellen Impulsen.
Mehr zu „An der Bar“
In unserer „An der Bar“-Serie finden sich Künstler:innen mit ME-Host Hella Wittenberg in gemütlicher Atmosphäre am Tresen für einen Deep Talk zusammen.



