Kolumne

Addison Rae & Sabrina Carpenter schweben auf einer Erdbeersahnewolke

Manchmal kann man dem Beef der Boys nur mit Popcorn zuschauen. Die neue Kolumne von Julia Friese.

Drei Beobachtungen:

1. on a matcha strawberry cloud with addison rae

Letztes Jahr war Iced Matcha Latte und Charli xcx. Dieses Jahr trinkt man Matcha Strawberry Cloud, also eben jenen Matcha-Tee aber mit Sahnewolke und Erdbeergeschmack. Das dazu passende Popalbum stammt von Addison Rae und heißt ADDISON. Rae, die ehemalig mit TikTok-Tänzen bekannt wurde, dann als Kourtney Kardashians junge Pilates-Freundin auftauchte, und daraufhin schauspielerte, hat nun ihr Debütalbum veröffentlicht. Sie weicht die Hyperpop-Aggression ihrer Freundin Charli xcx auf, in eine irgendwie leicht beduselnde Erdbeersahnewolke. Man denke an Lana Del Rey, aber in süßer und flirrender, an Kylie Minogues „Spinnig Around“ aber weniger Disco mehr TikTok memeable Lines.

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Addison Rae ist Diet Pepsi auf der Jeans-Po-Taschestehen haben, sich überall räkeln, die Haare für den Lover blond färben und offen zugeben, dass Fame einem sehr important ist, um dann in „New York“ den Beat hochzudrehen, also BRAT fast zu tangieren, aber dann entflirrt der Rae-Stream doch wieder in kalifornische Leichtigkeit und beduselt. In ihrem Video zu „Times Like Tese“ werden die gängigsten Pop-Bilder aufgerufen, und das simple In-Unterwäsche-Tanzen wird wiederbelebt. Die namensähnliche Popschwester Tate McRae tanzt auch auf der Bühne einfach wieder in Unterwäsche, wirbelt, dreht sich, als wäre sie zu Hause im Schlafzimmer. Just a girl und die Welt ist ihr Spiegel. Neu an Addison Raes „Times Like Tese“ Video ist die Perspektive: Man ist den gesamten Verlauf über weirdly zu nah an Rae dran. Die Kamera führt zuverlässig dorthin, wo die Sehgewohnheiten sie nicht erwarten würden. Als fehle der Weitwinkel, als sei alles eine Smartphone-Sicht.

2. shit bürger

Die beduselnde Rae auf den Ohren und von der Y2K-Tasche hängt ein Labubu. Eine kleine, unfassbar hässliche Figur, ein Plüschmonster aus Hongkong, das man blind eingeschweißt (also ohne Sichtfenster) kauft, während man Nachrichten liest (als TikTok oder Insta-Kachel), wie sich zwei der mächtigsten und reichsten Männer der Welt über Twitter streiten, und der häufigste Kommentar dazu ist: Popcorn. Über die vergangenen Jahre hat es sich eingeschliffen, jeglichen Zwist mit virtuellem Popcorn beizuwohnen, als wäre alles ein Film und man im Kino. Als wäre der Beef der Boys eine Vorstellung, die für einen stattfindet – und nicht gegen einen. Und schon verliert die Macht, die all das auf einen selbst hat, scheinbar an Bedrohlichkeit. Als seien Musk und Trump nur so funny wie dumm.

3. manchild

Sabrina Carpenter ist mit „Manchild“ die Single und das Video der Stunde gelungen. Es ist musikalische Entsprechung der viralen „Guardian“-Headline von Rebecca Shaw aus dem Januar 2025: „I knew one day I’d have to watch powerful men burn the world down – I just didn’t expect them to be such losers.“ – also: Ich wusste, dass ich eines Tages dabei zusehen würde, wie mächtige Männer die Welt niederbrennen. Aber ich habe nicht gedacht, dass es solche Loser sein würden.

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Sabrina Carpenter nimmt diesen Kontext schon mit, aber vorgeblich naiv, indem sie ihn scheinbar nur auf ihr Liebesleben bezieht. Mit Hot Pants halb so groß, wie Kylies in „Spinning Around“, inszeniert sie sich als ewiges sweet Pin-up, das den großen, lächerlichen Vehikeln der dummmächtigen Männer ausgeliefert ist. Beständig wird sie abgeschleppt in Roller Skates hinten an ihren Lastern über die Straße gezogen. Sabrina hat das nicht gewollt. Sitzt sie doch einfach nur im Diner. Aber da ist der große Elefant im Raum. Oder deutlicher: Sein riesiger Rüssel.

Männer, das sind die süßen Ferkel in ihrem Schaumbad, die mit so riskanten wie dummen Aktionen immer kurz davor sind, sich in die Luft zu sprengen. Wie konnte die Welt bis hierhin nur überleben, fragt sich Sabrina. Und singt dann, sie glaube, deren Mütter seien schuld. Natürlich. Es bleibt also am Ende wie immer nur festzustellen: Danke, Merkel. Und ähm: Danke, Sabrina.

Diese Kolumne erschien zuerst in der Musikexpress-Ausgabe 8/2025.