The Hidden Cameras
BRONTO
Motor (VÖ: 12.9.)
Ein Comeback mit Dance-Pop und vielen queeren Stargästen.
Erinnern wir uns kurz zurück: Zu Beginn ihrer Laufbahn standen Joel Gibb und seine Hidden Cameras für das, was man bald „gay church folk“ nannte: breit angelegter Kammerpop mit Chor, Streichern und scharfem Witz. Mit Songs wie „Ban Marriage“, einem fröhlichen Plädoyer gegen das Verbot der Homo-Ehe, wurden sie Anfang der Nullerjahre zur queeren Indie-Sensation. Das letzte Lebenszeichen datiert auf das Jahr 2016: HOME ON NATIVE LAND kam als Country-Album mit sanftem Americana-Flair, das mit einer illustren Gästeschar Heimat aus queerer Perspektive neu dachte.
Neun Jahre später werden die Wanderstiefel gegen die Dancing Shoes getauscht. Zu gut informierten Beats, die Disco der 1970er-Jahre ebenso referenzieren wie Electroclash und Eighties-Pop, schüttelt Gibb Hits aus dem Ärmel, die er gemeinsam mit dem Münchner Produzenten Nicolas Sierig (Joasihno) in Szene setzte. Die besten: Das schwer nach Erasure klingende „Undertow“, zu dem es, Überraschung, einen Vince-Clarke-Remix gibt, und „How Do You Love“, bei dem wiederum die Pet Shop Boys Hand anlegten. Diese mischt er mit kleinen, an Western-Soundtracks erinnernde Instrumentalnummern. Inmitten des sehr durchrythmisierten Albums sind sie je nach Sichtweise Stolperstellen oder genau zur rechten Zeit kommende Atempausen.
Der Höhepunkt kommt schließlich am Ende: „Don’t Tell Me That You Love Me“ bilanziert zu den Streichern von Owen Pallett eine verlorene Liebe – und holt mit seiner klerikalen Melodie auch kurz den alten Kammerpop wieder mit ins Boot, schön.
Diese Review erschien zuerst im Musikexpress 10/2025.



