Boko Yout

GUSTO

Hoopdiggas (VÖ: 5.9.)

Traumtherapie, die kein bisschen Dream Pop ist: Paul Adamah und sein Afro-Grunge tauchen ab in eine zerrissene Seele.

Als Paul Adamah mit dem Kiffen aufhörte, träumte er umso intensiver. Und bekam irgendwann Besuch von Dr. Gusto. Dieser erträumte Therapeut gibt nun dem Debütalbum seines Projekts Boko Yout nicht nur den Namen, sondern auch die Struktur: Jeder Song von GUSTO ist eine Therapiesitzung, in der Adamah, aufgewachsen in Schweden als Sohn eines togolesischen Vaters und einer mosambikanischen Mutter, ausgebildet an einer Kunsthochschule, seine Träume analysiert, um schlussendlich das Psychogramm einer zwischen Gefühlen und sexuellen Identitäten, Kulturen und Erwartungen zerrissenen Persönlichkeit zu skizzieren.

Eins aber ist GUSTO garantiert nicht: Kiffermusik

Wie autobiografisch das ist, spielt irgendwann allerdings keine Rolle mehr, denn GUSTO taucht dermaßen tief ab in die menschliche Psyche, dass die vielen Fragen, die Adamah stellt, und die wenigen, die er beantworten kann, universell werden. Wie sich das anhört: So chaotisch wie eine verwundete Seele nun einmal ist. Adamah selbst hat den Boko-Yout-Sound als Afro-Grunge bezeichnet.

Das ist nicht falsch, aber auch nicht wirklich treffend, denn wenn die Beats und Gitarren Amok laufen, verschwinden die afrikanischen Wurzeln, die dann aber wieder völlig unerwartet auftauchen, während kurze kontemplative TripHop-Momente von galoppierendem Postpunk-Wahnsinn niedergewalzt werden, HipHop-Sequenzen sich mit Gothic-Dream-Pop oder experimentellen Klanginstallationen abwechseln. Eins aber ist GUSTO garantiert nicht: Kiffermusik.

Diese Review erschien zuerst im Musikexpress 09/2025.