Incubus :: Weeze/Niederrhein, Bizarre Festival

Tag drei auf Deutschlands idyllischstem Mega-Event. Es wird Abend. In der zittrigen Hand das drölfundzwanzigste Bier, auf der klebrigen Haut mehr Dreck als in Grimmas Hochwasser-geplagten Mittelaltergassen. Aber in den Augen noch immer das Feuer. Ja, sie will es noch mal wissen, die Festival-Meute. Noch einmal etwas Besonderes sehen, volles Pfund die Emo-Keule spüren. Die Zeichen stehen gut und auf der Bühne fünf junge Männer. „Es ist nicht mehr als Glück, dass fünf Typen mit ein paar Ideen etwas aus dem Nichts schaffen und andere sich das freiwillig anhören. Ich bin sehr dankbar dafür“, sagte Sänger Brandon Boyd letztens. Was nach Tiefstapelei klingt, den Nagel auf den Kopf trifft. Denn es ist schon ein kleines Husarenstück dieser kalifornischen Normalo-Band aus ehemaligen Schulkameraden, dass sie nun, nach acht gemeinsamen Jahren und halb so vielen Alben, den heiß ersehnten Headliner abgibt. Dabei sind sie weder maskiert noch gestört, rein optisch allgemein nicht außergewöhnlich aufregend, wie sie da mit ihren Instrumenten fuhrwerken. Wäre da nicht Brandon Boyd, dieser kriminell gut aussehende Surferboy, als zentraler Augenschmaus eines jeden Festival-Mädchens, könnte man meinen, der Endausscheidung des örtlichen Rockjugend-Wettbewerbs beizuwohnen – zwei Mal „danke“ sagen muss als Interaktion mit dem Publikum reichen. Dennoch: Außerordentlich gut sind sie alle, so rein audiophil. Ein musikalisches und technisches Niveau, das Staunen macht. Doch ihre Kunst liegt mittlerweile darin, dieses Können nur in vorsichtig dosierten Wahnsinnsattacken durchblitzen zu lassen und sich ansonsten dem großen Gott der Dynamik unterzuordnen. Das drückt und schiebt und wummert aus Boxen – immer dann, wenn es Sinn macht. Früher war das gleichbedeutend mit andauernd, da waren sie die beste „Faith No Primus Peppers „-Coverband. Doch inzwischen sind sie Incubus und haben neben ihrem massiv groovenden Crossover-Frickelfunk auch viel Gefühl samt waschechter Balladen im Programm. Und dann brechen Dämme, Herzen und bei manchen gar ein paar Tränchen los. „I lean against the wind, pretend that I am weightless and in this moment I am happy“, singt Boyd in „Wish You Were Here“, und wer des Fühlens mächtig, weiß, was er meint. Als Zugabe noch „Pardon Me‘, zurück bleibt ein gefühlstaumelndes, glückliches Publikum.

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